Hund, Psychopath oder einfach nur ein bisschen Gaga? Was Studien über neurotische Fellnasen verraten.
Von Kläffattacken bis zur panischen Angst vor Staubsaugern: Eine neue Studie beleuchtet, wie weit verbreitet neurotisches Verhalten bei Hunden ist und was das über ihre Persönlichkeit aussagt.
Cheech


Manche Hunde sind einfach... nun ja, speziell. Da gibt es Exemplare, die bei jedem verdammten Blättchen, das vom Baum fällt, in ein hysterisches Gejaule verfallen, als stünde der Weltuntergang persönlich vor der Pforte. Oder die Sorte Hund, die sich unter dem Sofa einnistet und erst wieder rauskommt, wenn der Staubsauger – dieses Folterinstrument des 21. Jahrhunderts – sicher verstaut ist. Und dann diese Kandidaten, die ihre eigene Rute so obsessiv verfolgen, dass man sich ernsthaft fragt, ob die nicht heimlich einen Deal mit dunklen Mächten abgeschlossen haben, um sich in einer Endlosschleife der Selbstverfolgung zu verlieren.
Sind das nun einfach nur „liebenswerte“ Schrullen? Oder steckt da vielleicht doch mehr hinter dieser ganzen Chose? Die Wissenschaft sagt: Bingo! Da steckt mehr dahinter. Deutlich mehr. Denn Hunde, so scheint es, sind nicht nur Meister im Betteln und talentierte Sabbermaschinen, sondern auch waschechte Neurotiker. Und das ist jetzt keine beleidigende Unterstellung, sondern das Ergebnis knallharter Forschung. Studien haben sich in den letzten Jahren nämlich immer intensiver mit der Psyche unserer Fellnasen beschäftigt – und dabei so einiges ans Tageslicht gezerrt, was den geneigten Hundehalter entweder zum Schmunzeln oder zum Verzweifeln bringt.
Persönlichkeit bei Hunden? Mehr als nur „Sitz“, „Platz“ und „Gib Pfötchen“!
Wer immer noch glaubt, Hunde wären simple, triebgesteuerte Fressautomaten, die auf Kommando funktionieren (oder eben auch nicht), ist auf dem Holzweg. Es ist längst wissenschaftlich untermauert, dass Hunde individuelle Persönlichkeiten besitzen, die weit über Rasse-Stereotypen und Erziehung hinausgehen. Genau wie wir Menschen haben auch sie unterschiedliche Charaktereigenschaften, die ihr Verhalten, ihre Vorlieben und eben auch ihre Macken prägen. Man könnte fast meinen, sie sind wie kleine, haarige Menschen – nur eben mit mehr Sabber und weniger Steuern.
Die Forschung hat sich hierbei an den sogenannten „Big Five“ der Persönlichkeitspsychologie orientiert, einem Modell, das auch bei uns Zweibeinern zur Beschreibung von Persönlichkeitsmerkmalen genutzt wird. Übertragen auf Hunde sehen diese „Fünf Großen“ dann in etwa so aus:
Ängstlichkeit/Neurotizismus: Wie nervös, unsicher oder panisch ist der Hund drauf? Neigt er zu Stress und Hysterie? Kurz gesagt: Ist er ein Nervenbündel auf vier Pfoten?
Geselligkeit/Extraversion: Wie aufgeschlossen und kontaktfreudig ist die Fellnase? Sucht sie den Kontakt zu Menschen und Artgenossen oder ist sie eher der Einzelgänger-Typ? Braucht sie Party oder lieber die stille Ecke?
Offenheit/Neugier: Wie interessiert ist der Hund an neuen Reizen und Situationen? Ist er abenteuerlustig und erkundungsfreudig oder eher der vorsichtige Angsthase? Entdecker oder Stubenhocker?
Verträglichkeit/Kooperativität: Wie gut kommt der Hund mit anderen klar? Ist er ein Teamplayer, freundlich und umgänglich oder eher der Zickenkrieg-Typ? Engel oder Teufel in Hundegestalt?
Trainierbarkeit/Gewissenhaftigkeit: Wie schnell kapiert der Hund neue Kommandos und Regeln? Ist er gehorsam, aufmerksam und zuverlässig oder eher die Sorte „Ich-mach-was-ich-will“? Streber oder Schulschwänzer?
Diese Merkmale sind natürlich nicht in Stein gemeißelt und können sich im Laufe des Hundelebens verändern. Aber sie bilden so eine Art Blaupause der Hunde-Persönlichkeit und beeinflussen maßgeblich, wie der Hund die Welt wahrnimmt und auf sie reagiert. Man könnte sagen, es ist die innere Hunde-DNA, die mehr bestimmt als nur Fellfarbe und Rassezugehörigkeit.
Neurotizismus beim Hund: Wenn die Nerven blank liegen und das Fell sträubt
Besonders brisant – und für diesen Artikel von gesteigertem Interesse – ist der Faktor „Neurotizismus“. Denn genau wie beim Menschen beschreibt dieser Wesenszug die Tendenz zu negativen Emotionen wie Angst, Nervosität, Reizbarkeit und chronischem Stress. Ein neurotischer Hund ist also im Grunde ein Hund, der schnell hochfährt, leicht aus der Fassung gerät und generell eher angespannt durchs Hundeleben stolpert. Man könnte ihn auch als das haarige Pendant zum menschlichen Hypochonder bezeichnen – immer auf der Lauer nach der nächsten Katastrophe.
Und jetzt kommt der Knaller: Studien zeigen, dass neurotische Hunde nicht nur einfach „Sensibelchen“ sind, sondern tatsächlich überproportional oft Verhaltensprobleme entwickeln. Eigentlich auch logisch, oder? Wer ständig unter Strom steht und nervös durch die Gegend zuckt, der neigt eben eher zu Überreaktionen und unangepasstem Verhalten. Ist ja bei uns Menschen auch nicht anders – wer gestresst ist, wird schneller zum Arschloch.
Von Kläffattacken bis zur Zerstörungswut: Die dunkle Seite der Hunde-Persönlichkeit (und des Hundehalters)
Was bedeutet das nun konkret für den Hundealltag? Neurotische Hunde zeigen laut Forschungsergebnissen signifikant häufiger folgende Verhaltensweisen, die den geneigten Hundehalter zur Weißglut treiben können:
Aggressivität: Klar, wer ständig Angst im Nacken hat, beißt auch schneller zu. Neurotische Hunde neigen eher zu aggressivem Verhalten gegenüber Menschen und anderen Tieren, oft aus reiner Unsicherheit oder blanker Panik. Angriff ist eben die beste Verteidigung, auch wenn der „Angreifer“ nur ein harmloser Postbote ist.
Angstverhalten: Das ist quasi die Paradedisziplin des Neurotizismus. Von Trennungsangst (wenn Frauchen mal fünf Minuten zum Bäcker geht) über Geräuschangst (Staubsauger, Silvesterböller, das Rascheln einer Chipstüte) bis hin zu generalisierter Angst vor allem, was nicht niet- und nagelfest ist – neurotische Hunde sind wahre Meister der Panikattacke. Da kann man als Hundehalter schon mal verzweifeln und sich fragen, ob man da einen Hund oder ein wandelndes Nervenbündel adoptiert hat.
Bellverhalten: Bellen an sich ist ja erstmal Hunde-Kommunikation 1.0, aber neurotische Hunde übertreiben es gerne maßlos. Sie bellen exzessiv viel, oft grundlos oder bei den geringfügigsten Auslösern. Da freuen sich die Nachbarn, der Briefträger, die Katze des Nachbarn und überhaupt jeder, der das Pech hat, in Hörweite zu sein. Man könnte fast meinen, die Hunde haben ein Abo auf Dauerkrach abgeschlossen.
Zerstörungswut: Frust, Stress, Langeweile, Angst – all das kann sich in destruktivem Verhalten entladen. Neurotische Hunde knabbern, zerfetzen und verwüsten gerne mal die Wohnungseinrichtung, wenn ihnen die Decke auf den Kopf fällt (oder wenn sie einfach nur frustriert sind, dass der Mensch schon wieder zur Arbeit geht, anstatt den ganzen Tag mit ihnen zu kuscheln). Die Couch wird zum Schlachtfeld, die Schuhe zum Knabberspaß, und die Wohnung gleicht nach kurzer Zeit einem Trümmerfeld. Da fragt man sich schon, ob man einen Hund oder einen kleinen, haarigen Terroristen beherbergt.
Stereotypien: Das sind repetitive, zwanghafte Verhaltensweisen wie exzessives Lecken, im Kreis laufen oder eben das besagte Rute-Jagen (siehe Max, der Golden Retriever vom Kollegen, der vermutlich bald einen Nervenzusammenbruch erleidet). Sie sind oft ein untrügliches Zeichen von chronischem Stress, quälender Langeweile oder tiefer Frustration und können bei neurotischen Hunden überdurchschnittlich häufig auftreten. Man könnte fast meinen, sie versuchen, ihre innere Unruhe durch äußere, sinnlose Handlungen zu kompensieren.
Die Studie: Neurotische Hunde im Fadenkreuz der Wissenschaft (und der genervten Hundehalter)
Aber woher zum Teufel wissen wir das alles so genau? Na, von Studien natürlich! Eine besonders aufschlussreiche Untersuchung, die hier beispielhaft erwähnt werden soll (und die natürlich nur eine von vielen ist, es gibt ja schließlich genug Hunde-Verrückte da draußen, die sowas erforschen), hat sich genauer mit dem Zusammenhang zwischen Persönlichkeit und Verhaltensproblemen bei Hunden beschäftigt. Denn irgendwer muss ja mal die Drecksarbeit machen und das Chaos in den Hunde-Köpfen entwirren.
Die Forscher – offenbar eine Ansammlung von Leuten, die entweder einen ausgeprägten Hang zur Tierliebe oder einfach nur einen masochistischen Zug haben – haben dafür eine beachtliche Stichprobe von Hunden und ihren mehr oder weniger leidgeprüften Besitzern unter die Lupe genommen. Die Hundehalter durften dann detaillierte Fragebögen zur Persönlichkeit und zum Verhalten ihrer geliebten (oder eben auch verfluchten) Vierbeiner ausfüllen. Und was kam bei dieser Fleißarbeit heraus? Trommelwirbel… Genau das, was jeder Hundehalter mit einem Hauch von gesundem Menschenverstand schon lange vermutet hat: Neurotizismus ist ein verdammt guter Indikator für Verhaltensprobleme bei Hunden. Wer hätte das gedacht?
Hunde, die in den Fragebögen als neurotisch eingestuft wurden, zeigten signifikant häufiger Aggressivität, Angstverhalten, übermäßiges Gebell und diese wunderbare Zerstörungswut. Und das, meine Damen und Herren Hundefreunde, ist statistisch signifikant. Das heißt, es ist nicht einfach nur Zufall, Einbildung oder das Ergebnis von schlechtem Karma, sondern ein handfester, wissenschaftlich belegter Zusammenhang. Die Wissenschaft hat es mal wieder gerichtet – oder zumindest bestätigt, was wir eh schon wussten.
Was bedeutet das für uns arme Hundehalter, die sich mit diesen Nervensägen rumschlagen müssen?
Okay, Hunde können neurotisch sein und dadurch Verhaltensprobleme entwickeln. Soweit, so wenig überraschend für jeden, der schon mal einen Hund mit mehr als nur einer Schraube locker hatte. Aber was fangen wir jetzt mit dieser Erkenntnis an? Sollen wir unsere neurotischen Fellnasen jetzt alle in Watte packen, ihnen ein Leben in ständiger Angstfreiheit garantieren und ihnen jeden Wunsch von den Augen ablesen? Eher nicht. Das wäre ja noch schöner, wenn die Hunde uns auf der Nase rumtanzen würden.
Die gute Nachricht ist: Persönlichkeit ist kein unabänderliches Schicksal. Auch neurotische Hunde können ein halbwegs glückliches und – zumindest für den Halter – erträgliches Leben führen – mit der richtigen Unterstützung, einer gehörigen Portion Geduld und einer Erziehung, die den Namen verdient. Hier mal ein paar Denkanstöße, die vielleicht mehr oder weniger hilfreich sind:
Verständnis ist der erste Schritt zur Besserung (oder zumindest zum erträglichen Zusammenleben): Wenn man weiß, dass der eigene Hund zu Neurotizismus neigt, kann man sein Verhalten besser einordnen und angemessener darauf reagieren. Statt den Hund für sein hysterisches Gebell zu bestrafen (was eh meistens nichts bringt außer noch mehr Stress), sollte man versuchen, die Ursache der Angst zu erkennen und ihm Sicherheit zu vermitteln. Man könnte es auch „Empathie für Fellnasen-Neurotiker“ nennen.
Training, Training, und nochmals Training (oder Konditionierung bis zum Abwinken): Eine solide Erziehung ist für alle Hunde unerlässlich, aber für neurotische Hunde ist sie schlichtweg überlebenswichtig – sowohl für den Hund als auch für den Hundehalter. Durch gezieltes Training kann man ihnen helfen, Ängste abzubauen, Selbstvertrauen aufzubauen und unerwünschtes Verhalten in halbwegs akzeptable Bahnen zu lenken. Positive Verstärkung ist hier das Zauberwort – Lob, Leckerlis und Streicheleinheiten statt Strafe, Druck und Anschreien. Man will ja schließlich keinen noch neurotischeren Hund erziehen.
Stressmanagement für Hunde (und Halter): Neurotische Hunde sind naturgemäß stressanfälliger als ihre tiefenentspannten Artgenossen. Deshalb ist es von immenser Bedeutung, Stressfaktoren im Hundealltag so gut es geht zu minimieren. Regelmäßige Ruhephasen (am besten ohne Staubsauger in der Nähe), ausreichend Schlaf (für Hund und Halter), eine strukturierte Tagesroutine (damit der Hund weiß, wann er ausrasten darf und wann nicht) und der Verzicht auf unnötigen Trubel (vor allem keine spontanen Partys mit lauter Musik) können wahre Wunder wirken. Ein entspannter Hund, ein entspannter Halter – so einfach kann das Leben sein (in der Theorie zumindest).
Professionelle Hilfe, bevor es zu spät ist (oder der Hund im Tierheim landet): In manchen Fällen reicht liebevolle Erziehung und gut gemeintes Stressmanagement allein einfach nicht aus. Wenn der Hund unter ausgeprägtem Neurotizismus leidet und massive Verhaltensprobleme zeigt, die das Zusammenleben zur Hölle machen, sollte man sich schleunigst professionelle Hilfe suchen. Tierärzte (die mehr können als nur impfen), Verhaltenstherapeuten (die wirklich was draufhaben) und Hundetrainer mit Spezialisierung auf Verhaltensauffälligkeiten (und nicht nur auf „Sitz“ und „Platz“) können wertvolle Unterstützung bieten. Denn manchmal braucht man eben einen Profi, um aus einem neurotischen Wrack wieder einen halbwegs normalen Hund zu machen.
Fazit: Hunde sind auch nur Menschen – äh, Hunde eben! (Nur eben haariger, sabbernder und manchmal etwas verrückter)
Die Forschung zur Hunde-Persönlichkeit, insbesondere zum Thema Neurotizismus, ist nicht nur faszinierend, sondern liefert uns auch verdammt wertvolle Einblicke in die komplexe Psyche unserer Vierbeiner. Sie zeigt, dass Hunde eben keine simplen Fellknäuel sind, sondern komplexe Individuen mit eigenen Persönlichkeiten, Stärken, Schwächen und – ja, auch Macken. Und ja, manche von ihnen sind eben ein bisschen neurotischer als andere. Na und? Das macht sie doch erst so richtig… speziell. (Okay, vielleicht nicht, wenn Bello mal wieder den Postboten in den Wahnsinn bellt, aber im Grunde schon.)
Entscheidend ist, dass wir als verantwortungsbewusste Hundehalter diese individuellen Unterschiede erkennen und akzeptieren. Nicht jeder Hund ist ein tiefenentspannter Labrador, der alles mit stoischer Gelassenheit hinnimmt. Manche Hunde sind eben sensibler, ängstlicher und nervöser. Aber auch diese Hunde haben ein Anrecht auf ein gutes, artgerechtes Leben. Und mit dem nötigen Verständnis, der passenden Erziehung, einer Extraportion Geduld und vielleicht auch einem guten Nervenarzt für den Hundehalter können wir ihnen dabei helfen, ihre neurotischen Tendenzen in den Griff zu bekommen und zu glücklichen, wenn auch vielleicht etwas „besonderen“ Begleitern zu werden. Denn am Ende des Tages sind es eben doch unsere Hunde – egal ob neurotisch oder nicht –, die unser Leben mit Fell, Sabber und manchmal auch mit etwas Wahnsinn bereichern.
Also, das nächste Mal, wenn Dein Hund wieder panisch vor einem fallenden Blatt davonrennt oder bei Besuch in hysterisches Gebell ausbricht, denk daran: Er ist vielleicht einfach nur ein bisschen neurotisch. Und das ist im Grunde okay. Solange er Dich trotzdem noch lieb hat (und Dir nicht die komplette Wohnungseinrichtung unter den Pfoten wegzerstört). Denn wer ist schon perfekt? Weder Mensch noch Hund.
Und jetzt bist Du gefragt!
Hast Du auch so einen kleinen Neurotiker zu Hause, der Dich regelmäßig zur Weißglut treibt, aber den Du trotzdem über alles liebst? Oder kennst Du Hunde, die in die Kategorie „besonders speziell“ fallen und für Lacher (oder Verzweiflung) sorgen? Teile Deine haarsträubenden Erfahrungen und bissigen Meinungen in den Kommentaren! Und wenn dieser Artikel Dich zum Schmunzeln gebracht hat (oder Dich zumindest nicht völlig gelangweilt hat), dann teile ihn doch mit Deinen Freunden und Bekannten. Denn geteiltes Leid ist halbes Leid – und geteiltes Wissen ist doppeltes Wissen. Vielleicht hilft es ja dem ein oder anderen Hundehalter, seinen neurotischen Vierbeiner ein kleines bisschen besser zu verstehen (oder zumindest zu ertragen). Ich bin gespannt auf Deine Kommentare und Geschichten!
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